30.08.2021
Kein Anspruch auf Bezahlung von Desinfektionskosten - AG Heilbronn 7 C 1303/21
Das AG Heilbronn weist auf die Verpflichtung des Geschädigten hin, zumindest eine Plausibilitätskontrolle durchzuführen (BGH VI ZR 50/15). Da die Rechnung nicht bezahlt wurde - es klagte die Werkstatt aus abgetreten Recht - entfiel die Indizwirkung (BGH VersR 2016, 1387). Desinfektionsmaßnahmen fallen - so das AG - in den Risikobereich der Werkstatt. Es fehlt der erforderliche Bezug zum Fahrzeugschaden. Sie beruhen auf einem von der Werkstatt frei entwickelten Hygienekonzept ohne gesetzlich vorgeschrieben zu sein. Außerdem betrifft die Corona-Pandemie nahezu alle Bereiche, auch die Werk- und Dienstleistungen. Die Vorsichtsmaßnahmen stellen eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar, die keine gesonderte Vergütung rechtfertigt. Auch lässt die tatsächlich berechnete Position keinen Ursachenzusammenhang zum Unfall erkennen (LG Stuttgart , VersR 2021, 517; AG Aachen, Urteil vom 28.01.2021 – 110 C 161/20). Das AG hat die Berufung zugelassen.
Die Frage, ob Kosten für Desinfektion gem. § 249 BGB zu erstatten sind, wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt. Für Erstattung: u.a. AG München, DAR 2021, 38; AG Leverkusen, SVR 2021, 104; AG Siegburg, DAR 2021, 159. Gegen Erstattung u.a.: LG Stuttgart, VersR 2021, 517; AG Hannover 431 C 9575/20; AG Hamburg-Harburg, Urteil vom 22.07.2021 – 644 C 118/21; AG Ludwigshafen, Urteil vom 12.08.2021 – 2c C 63/21; AG Heilbronn, Urteil vom 31.05.2021 – 7 C 729/21. Maßgeblich ist für einen Ersatzanspruch die „Erforderlichkeit“ i.S.d. § 249 BGB. Eine solche ist m.E. zweifelhaft, wenn schon nach den Empfehlungen der Berufsgenossenschaften eine Desinfektion vor und nach Reparaturarbeiten nicht erforderlich ist.
AG Heilbronn, Urteil vom 30.07.2021 - 7 C 1303/21